von Rüdiger G. Wisse
Der Fahnentradition gemäß dürfte die Bruderschaft eventuell schon seit ihrer Gründung eine Fahne besessen haben. Nachweisbar ist jedenfalls das Jahr 1888. Diese Zahl steht auf der 1975 außer Dienst gestellten Fahne.
Die heutige, auch allgemein „Männerfahne“ genannt, ist eine Schenkung zum 525jährigen Jubiläum durch Schützenbruder Hans Gärtner. Der Architekt und Schützenbruder Friedhelm Heimann entwarf sie. Für das Nähen und Sticken bei Firma Fahnenfleck fertigte er eine maßstabsgetreue farbige Vorlage im Verhältnis 1:1. Zwei Grundgedanken beeinflußten maßgeblich die Gestaltung der 1,12 x 1,14 m großen Fahne. Zum einen mußte der Schutzpatron, der Heilige Hubertus, dargestellt werden, zum Anderen sollte der Bezug zur Geschichte und Tradition von Müschede erkennbar sein. Beides hat Friedhelm Heimann auf eindrucksvolle Weise verwirklichen können.
Eingerahmt vom dunklen Grün strahlt hell die Lichtung im Ardennenwald. Gekleidet mit dem Jägeranzug, den schweren Hirschfänger sicher am Gürtel befestigt, das Jagdhorn locker über der Schulter hängend und den treuen Hund an seiner Seite, frönt Hubertus seiner Lieblingsbeschäftigung, der Jagd. Da passiert etwas, das sein Leben von Grund auf verändern wird. Ein kapitaler 13 Ender tritt aus den Bäumen hervor, ein goldenes Kreuz zwischen dem mächtigen Geweih. Ergriffen auf das rechte Knie gesunken, die Hand auf dem pochenden Herz und mit der Linken am Speer nach Halt suchend, schaut Hubertus ehrfurchtsvoll auf das strahlende Kreuz, von dem die Botschaft für sein weiteres Lebens ausgeht. Diese uns allen bekannte, dem Heiligen Hubertus zugeschriebene Legende, zeigt die Vorderseite der Bruderschaftsfahne. Links im Baum schaut aufmerksam die „Müscheder Eule“ zu, gleichsam um als Chronist alle Einzelheiten dieser Begegnung festzuhalten. Umrahmt wird die Lichtung von der Inschrift „St. Hubertus Bruderschaft Müschede“. Die Initialien F.H. weisen auf den Gestalter der Fahne hin. Diese beschriebene Szene ist dem Kriegerwahrzeichen von 1916 entlehnt, welches rechts im Eingang der Schützenhalle die Wand ziert.
Männerfahne
Die Rückseite der Bruderschaftsfahne stellt mit ihren Motiven den direkten Bezug zu Müschede her. Im Schutz der mächtigen Hubertuseiche liegt eine Hubertuskapelle. Sie ist noch heute gegenüber von Haus Wicheln zu sehen. Mit ihren fast weißen Mauern und hellblauem Dach ist sie der strahlende Mittelpunkt dieser Fahnenseite. Ein kleiner, die Kapelle umgebender Lattenzaun trennt sie von dem sich darunter befindlichen geflochtenen Korb mit dem Hubertusbrot, dem Becher für das Hubertuswasser und dem schweren Brennschlüssel. Diese drei Gegenstände erinnern an einen alten Brauch, der gerade in Müschede intensiv gepflegt wurde. Man verehrte den Heiligen Hubertus nicht nur als Patron der Jagd sondern auch als Schutzheiligen gegen die Tollwut. Schon im Ablaßbrief von 1733 des Erzbischofs und Kurfürsten Clemens August von Köln für die Müscheder Hubertuskapelle findet sich der Hinweis, daß viele Menschen von nah und fern kommen, um in dieser Kapelle den Schutz gegen den Biß tollwütiger Hunde erbitten. Das geweihte Hubertusbrot und das Hubertuswasser dienten ebenfalls dem Schutz gegen Tollwut. 1937 ist in dem Buch „Das Sauerland“ zu lesen: In Müschede, Kreis Arnsberg, nähen jetzt noch alte Frauen ihren Kindern zum Schutz gegen den Biß tollwütiger Hunde Hubertusbrot in die Kleider. Die Weihe des Hubertusbrotes zu Beginn der Patronatsmesse jeden 3. November erinnert an diese Sitte. An der bei dem Abbruch der alten Hubertuskapelle 1871 verlorengegangenen Hubertusfigur hing ein vom Rost stark angefressener Schlüssel. Dieser diente dazu, um in glühendem Zustand die Wunden tollwütiger Hunde auszubrennen. Auch brannte man am Hubertustag die Jagdhunde mit dem geweihten Schlüssel gegen Tollwut.
Der Hintergrund der Fahnenrückseite zeigt eine Gesamtansicht der St. Hubertus Kirche in der Größe nach der Erweiterung von 1957 aus westlicher Richtung gesehen. Aus der oberen Fahnenecke blickt auf all dies der Hirschkopf mit dem Kreuz im Geweih, eingerahmt von der Jahreszahl 1975. Das offizielle Gründungsjahr der Bruderschaft „Seit 1450"“steht links und rechts vom Hubertusbrot.
Außer der soeben beschrieben Fahne befinden sich noch weitere im Besitz der Bruderschaft.
Alte Fahne
Die älteste Fahne datiert von 1888. Sie ist, im Gegensatz zu heute, nicht gestickt sondern gemalt. 1975 wurde sie außer Dienst gestellt. Der Zahn der Zeit hat sie inzwischen schwer gezeichnet. Deshalb soll sie in Kürze konserviert werden und in der Schützenhalle einen ehrenvollen Platz erhalten.
Jungmännerfahne
Einer ehemaligen gesellschaftlichen Norm entsprechend war es üblich, dass Jungmänner, gemeint waren hiermit Jugendliche, Heranwachsende und junge unverheirete Männer, eine eigene Gruppierung bildeten. Hierzu gehörte natürlich eine eigene Fahne. Die heutige stammt von 1957. Die Vorderseite zeigt eingerahmt von Eichenlaub eine Schießscheibe mit gekreuzten Gewehren, darüber der Jägerhut und die Inschrift „Hubertus Bruderschaft Müschede“ sowie die Jahreszahlen 1450 und 1957. Die Rückseite ziert eine von goldenen Feuerzungen umgebene Christusfigur, die mit der rechten Hand auf das sichtbare „Heilige Herz Jesu“ zeigt. Diese „Jungmännerfahne“, wie sie auch heute noch offiziell genannt wird, begleitet die „Männerfahne“ auf Prozessionen und Festzügen. Die erste Jungmännerfahne stifteten, so steht es auf ihr geschrieben, die „Jünglinge der Hubertus-Bruderschaft“ im Jahr 1906. Teile von ihr wurden für die von 1957 verwendet.
Alte Jungmännerfahne
Bei Renovierungsarbeiten 1980 tauchte die in Vergessenheit geratene Kriegerfahne des „Kriegerverein 1899 Müschede“ auf einem Dachboden wieder auf. Der Kriegerverein war wie alle Vereine überhaupt nach dem letzten Krieg von den Alliierten verboten und aus verständlichen Gründen nicht wieder reaktiviert worden. Die Bruderschaft übernahm die Kriegerfahne zu treuen Händen und ließ sie 1981 restaurieren. Die Vorderseite zeigt den Preußenadler mit „F.R“ (Fredericus Rex - König Friedrich, Anm. der Redaktion) auf der Brust und Eichenlaub an den Ecken. Auf der Rückseite ist die mächtige „Germania“ von Eichenlaub umgeben. Darunter steht der Wahlspruch des Kriegervereins „Mit Gott/für König/und Vaterland“. Einmal im Jahr und zwar auf Volkstrauertag wird sie mit allen Fahnen der Müscheder Vereine zum Ehrenmal getragen, wo die Dorfgemeinschaft der Opfer von Kriegen und Gewalt gedenkt.
Kriegerfahne
Fahnenstangenspitze Kriegerfahne
Mit dem stetigen Wachsen der Einwohnerzahl von Müschede wuchs auch die Mitgliederzahl der Bruderschaft. 1972 wurde deshalb eine Einteilung in drei Kompanien notwendig. Alle erhielten eine Standarte. Diese zeigen die Müscheder Eule in verschiedenen Varianten mit der jeweiligen Kompaniezahl. Während des Schützenfestzuges führen sie ihre Kompanien an.
1. Kompanie
2. Kompanie
3. Kompanie
Kinderkönigsfahne